[divalent gestrebt, unendlich)

Und wo es sonst so hinführt.

»Ach, was ich weiß, kann jeder wissen - mein Herz habe ich allein.« - Die Leiden des jungen Werther - Am 9. Mai 1772

Impression. Impression. Impression.

Es ist ruhig geworden

Sag mir, wenn wir in unseren zärtlichsten Momenten nur dies eine Gesicht vor Augen haben, was sollten wir lügen?

Es ist ruhig geworden, so ohne dein Leben in meinem. Ohne deine Enden in meiner Nacht und deinen Anfängen in meinem Morgen. Ohne deine Haut, deine Ahnung, dein Leben an und über mir, mit und in mir.
Es ist ruhig ohne deine Sanftheit zwischen den Zeilen, dein Zwinkern in der Stimme und den Haifischtränen, die übrig blieben von deinen Träumen. Die, von denen du nicht glaubtest, dass ich sie sehe und dieselben, die nicht ungeschehen zu machen sind, die ich aber doch zumindest unbedeutender machen wollte, verschlungen in meinem Kuss für heute und alle Zeit. Weißt du das eigentlich?

Es ist ruhig ohne dein Lachen und ohne deinen Augenblick auf meinem, weil deine Melodie in meinem Herzen fehlt und du.

Februar 2015



Dein Eindruck verbleibt, und dort, wo Zeit, wo Wind und Sturm ihn verwäscht, ihn Tag für Tag umspült und auszuhöhlen vermag, dort stehe ich staunend ob der Tiefe, in die keine Zeit, kein Wind und kein Sturm wohl je vordringen könnte.
So legt sich über meine Tage dein Dauern, doch ganz besonders über meine Nächte. Dort, wo der Geist nicht dem tüchtigen Tagwerk unterstellt, dort wo die Zügel sich lösen, die in der Helle jeden Pulsschlag führen, dort lebt er frei.
Und dort lebst du.

April 2015



Ja, dort lebst du.

Juni 2015

Es ist verschenkt

Mein Herz –
es ist verschenkt
an dich und
das Gefühl
ich hab’s versengt
in dich und
hundert Küssen
die ich versandt
als die Nacht
schon lang im
Himmel stand.

Herz / Februar 2015

vom 6. Mai 2015

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Nur Poesie für sich

Mein Kopf? Nur Poesie
für sich
Mein Herz?: Abstrakte Kunst.
Doch liegt es da,
es schlägt für mich,
und flüstert still
Ich sehe dich

vom 19. Februar 2015

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Wo-zu-suchen

Wozu nach einer Blume suchen,
die du nur siehst und nicht gießt?

Wozu nach einer Sprache suchen,
die du nur verstehst und nicht lebst?

Wozu nach einer Seele suchen,
wenn sie nur wähnt und nicht sehnt?

Philip Glass – Opening

dort

dort
wo kein wind weht
kein staub mehr verwirrt
keine flamme vergeht
und kein blick sich veirrt

dort
unter weicher brust
ganz tief hinein
wo es egal
ob groß oder
ob klein – dort!
trage ich ein bild

— deine stürme?
lass sie nur toben
— deine stimme?
lass sie doch beben:
manche dinge verwüsten sich nicht

du —
es ruht in mir
und ruhet es auch für immer:
es bleibt
und willst du es nicht glauben
so nimm meine hand
dann zeig ich es dir
ganz leicht

vom 24. Januar 2015

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Jeden Tag eintausend Gesichter

Jeden Tag eintausend Gesichter,
mit großen Nasen und auch kleinen,
mit Mündern, die im Dunkeln munkeln
und Augen, die im Hellen funkeln.

Jeden Tag eintausend Stirne,
mit Falten oder auch ganz glatt,
darüber dann der Haaransatz,
und drunter nimmt das Hirn den Platz.

Jeden Tag eintausend Seelen,
mit Spuren, Schwüren, Abgesängen,
mal verloren, mal gewonnen,
und irgendwie nie angekommen.

Jeden Tag eintausend Gesichter,
und wären es auch noch soviele
wäre da doch dennoch keins,
keines, das so ist wie deins.

vom 19. Januar 2015

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Viele Herbste

Wenn viele Herbste sich verdichten
in deinem Blut, in deinem Sinn
und sie des Sommers Glücke richten,
fegt doch die fetten Rosen hin,

den ganzen Pomp, den ganzen Lüster,
Terrassennacht, den Glamour-Ball
aus Crêpe de Chine, bald wird es düster,
dann klappert euch das Leichtmetall,

das Laub, die Lasten, Abgesänge,
Balkons, geranienzerfetzt –
was bist du dann, du Weichgestänge,
was hast du seelisch eingesetzt?

G. Benn, Viele Herbste

vom 2. Januar 2015

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